Artikel-Informationen
erstellt am:
21.05.2025
zuletzt aktualisiert am:
22.05.2025
Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels
5 K 111/24 – Urteil vom 3. April 2025
Vorsteuerabzug bei Sachgründung einer GmbH durch Sacheinlage eines PKW in die GmbH-Vorgesellschaft
Der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hatte über die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung einer sog. Ein-Mann-GmbH in Bezug einen PKW zu entscheiden, mit dem die Gesellschafterin die GmbH durch Sacheinlage errichtet hatte.
Im Streitfall gründete die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin - eine zuvor nicht unternehmerisch tätige natürliche Person - die GmbH nicht in bar, sondern im Wege der Sachgründung. Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags erwarb die Gesellschafterin dafür einen PKW und brachte diesen wie zuvor festgelegt im Rahmen der Sachgründung in die GmbH ein, die danach in das Handelsregister eingetragen wurde. Die Rechnung über den PKW mit Umsatzsteuer war adressiert an die Gesellschafterin unter der späteren Geschäftsanschrift der Gesellschaft, die von der Wohnanschrift der Gesellschafterin abwich. Die GmbH ordnete den PKW für Umsatzsteuerzwecke ihrem Unternehmen zu und nutzte das Fahrzeug ausschließlich unternehmerisch für ihre wirtschaftliche Tätigkeit. Die GmbH machte auch den Vorsteuerabzug für den Erwerb des PKW geltend. Das beklagte Finanzamt verwehrte der GmbH jedoch insofern den Vorsteuerabzug, da es sich um einen Erwerbsvorgang im Privatvermögen der Gesellschafterin gehandelt habe, so wie es die Rechnung belege.
Das Niedersächsische Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage der GmbH statt. Nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer stehe der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW der GmbH zu, sofern die Gründungsgesellschafterin selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Nach Auffassung des 5. Senates des Niedersächsischen Finanzgerichts im Streitfall habe der Gesellschafterin kein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW zugestanden. Insofern habe umsatzsteuerlich aber eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die diesbezügliche Rechnung an die Gründungsgesellschafterin unter der Geschäftsanschrift der GmbH adressiert war. Das Gericht berücksichtigte dabei die Argumentation in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu einem Fall in Polen (EuGH-Urteil vom 1. März 2012 Rs. C-280/10 Polski Trawertyn), die auf den vorliegenden Streitfall übertragbar sei.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.
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Weitere Entscheidungen des Finanzgerichts
5 K 15/24 – Urteil vom 3. April 2025
10 K 239/20 – Urteil vom 7. Dezember 2023
Privates Veräußerungsgeschäft bei Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung
Auch eine Zwangsversteigerung erfüllt den Tatbestand einer Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Revision eingelegt; Aktenzeichen des BFH: VIII R 25/24
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12 K 38/24 – Urteil vom 18. Juni 2024
Zur Höhe der Abziehbarkeit von Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstelle im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung
Für die Frage, ob eine Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses erfolgt, ist auf das einheitliche befristete Beschäftigungsverhältnis (wiederholt verlängertes Beschäftigungsverhältnis) und nicht lediglich auf den Zeitraum der Verlängerung abzustellen (vgl. BFH, Urteil vom 10. April 2019 – VI R 6/17 –, BFHE 264, 258, BStBl II 2019, 539, Rz. 34 und 35).
Bei einem einheitlichen befristeten Beschäftigungsverhältnis liegt daher keine dauerhafte Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative EStG vor, wenn der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen besteht.
Revision eingelegt; Aktenzeichen des BFH: VI R 2/25
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Die Volltexte der genannten Entscheidung sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie über das Niedersächsische Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS) abrufen.
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Gut zu wissen
Der Amtsermittlungsgrundsatz im finanzgerichtlichen Verfahren
Die Finanzgerichtsordnung (FGO) bestimmt in § 76 Abs. 1 Satz 1: "Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen."
Dieser sog. Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Finanzgericht dazu, von sich aus alle für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Anders als beispielsweise im Zivilprozess ist das Gericht nicht ausschließlich auf die von den Beteiligten vorgetragenen Umstände angewiesen, sondern kann eigenständig Beweiserhebungen vornehmen, um die für die Entscheidung erforderliche Tatsachengrundlage zu schaffen.
Hierbei hat es der Kläger durch die Formulierung seines Klagebegehrens und die Wahl seines Klageantrags in der Hand, Einfluss darauf zu nehmen, welche Tatsachen entscheidungserheblich sind. Denn das Gericht darf nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO über das Klagebegehren nicht hinausgehen.
Das Gericht klärt den Sachverhalt allerdings auch nur dann (weiter) auf, wenn hierzu Anlass besteht, etwa weil Zweifel an den vorgetragenen Tatsachen bestehen oder diese bestritten werden und die Tatsachen nicht offenkundig oder gerichtsbekannt sind. Die Mitwirkungspflicht der Beteiligten bleibt trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes bestehen. Sie sind gehalten, die für ihre Sache erheblichen Tatsachen vorzubringen und Beweismittel anzubieten.
Bei der Sachverhaltsaufklärung kann das Gericht den Beteiligten Ausschlussfristen nach § 79b FGO setzen, nach deren Ablauf ohne weitere Ermittlungen entschieden werden kann. Dies kann zur Folge haben, dass nach den Beweislastregeln die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher Tatsachen zulasten desjenigen gehen, für den sie sich günstig auswirken würden. Das bedeutet, dass trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes ein Beteiligter die Konsequenzen tragen muss, wenn er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und dadurch entscheidungserhebliche Tatsachen ungeklärt bleiben.
Neues aus dem Finanzgericht
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erstellt am:
21.05.2025
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22.05.2025
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Frau Andrea-Alexandra Bartels