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Newsletter 15/2021 vom 15. Dezember 2021

Rechtsprechung des
Niedersächsischen
Finanzgerichts


7 K 155/17, Urteil vom 22. Januar 2020

Einheitliches Vertragswerk im Grunderwerbsteuerrecht

1. Der für ein einheitliches Vertragswerk im Sinne des GrESt-Rechts erforderliche objektiv sachliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der Bebauung eines Grundstücks wird u. a. indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf dem konkreten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit nur geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat.

2. Auf der Veräußererseite können mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Es genügt, wenn der Eigentümer das Grundstück dem Bauunternehmer, der die Bebauung angeboten hat, "an die Hand" gegeben hat. Maßgebend ist dabei der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf. Ohne Bedeutung ist, ob der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen oder sich für eine andere, wesentlich vom Angebot des Grundstücksveräußerers abweichende Bebauung zu entscheiden, und ggf. auch entsprechende Angebote eingeholt hat (ständige Rspr. des BFH).

rechtskräftig

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7 K 101/18, Urteil vom 10. März 2021

Übertragung einer Beteiligung als grunderwerbsteuerbarer Vorgang gem. § 1 Abs. 2a GrEStG

Ein "Altgesellschafter" der grundbesitzenden Personengesellschaft kann nicht als "neuer Gesellschafter" im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG qualifiziert werden.

Revision eingelegt (Az. des BFH:: II R 28/21)

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Die Volltexte der genannten Entscheidungen sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie auf dem abrufen.

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Gut zu wissen

Ermessensentscheidungen des Finanzamtes – was prüft das Finanzgericht?

Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens können auch sogenannte Ermessensentscheidungen der Verwaltungsbehörde sein. Solche liegen immer dann vor, wenn die Verwaltungsbehörde, z.B. das Finanzamt einen (Ermessens-)spielraum bei ihrer Entscheidung hat, ob und in welcher Weise sie tätig werden will. Beispiele im Bereich des Abgabenrechts sind die Stundung (§ 222 der Abgabenordnung - AO) oder der Erlass (§ 227 AO) von Steuerschulden. Das Finanzamt muss also bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für eine Stundung oder einen Erlass nicht zwangsläufig die Steuerschuld stunden oder erlassen, sondern eine Ermessensentscheidung treffen, ob und in welcher Höhe es die Steuererleichterung gewähren will.

Der Steuerpflichtige kann die Ermessensentscheidung der Behörde – im Wege der Verpflichtungsklage – durch das Finanzgericht überprüfen lassen. Dem Gericht steht jedoch kein eigenes Ermessen zu, sondern die gerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde (§ 102 der Finanzgerichtsordnung). So prüft das Gerichts beispielsweise, ob das Finanzamt das ihm eingeräumte Ermessen überhaupt erkannt hat oder ob es seine Ermessensentscheidung aufgrund einer einwandfreien und vollständigen Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes getroffen hat. Regelmäßig kann der Kläger allerdings nicht die Verpflichtung zum Erlass einer bestimmten Ermessensentscheidung beanspruchen, sondern nur die Verpflichtung des Finanzamtes zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Nur wenn aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise bei einer sog. Ermessensreduzierung auf Null der Entscheidungsspielraum der Behörde derart eingeengt ist, dass nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei ist, spricht das Gericht im Urteil die Verpflichtung zur Vornahme eines bestimmten Verwaltungsaktes (z.B. zum Erlass) aus.

Wichtig ist insbesondere, dass Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung die Ermessensentscheidung der Verwaltung ist, wie sie bei Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens getroffen wurde, d.h. es kommt u.a. darauf an, welcher Sachverhalt im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt ist. Der Steuerpflichtige sollte also bereits im Einspruchsverfahren den vollständigen Sachverhalt und die für ihn sprechenden Tatsachen vortragen. Nur dann können diese Tatsachen auch Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle sein.

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Neues aus dem
Niedersächsischen
Finanzgericht

Aktuelle Informationen zum Umgang mit dem Corona-Virus

Bitte beachten Sie, dass bis auf Weiteres beim Betreten des Fachgerichtszentrums eine medizinische Maske der Standards KN95/N95 oder FFP2 zu tragen ist. Darüber hinaus ist der 3G-Status nachzuweisen. Weitere Informationen zum Umgang mit dem neuartigen Corona-Virus finden Sie auf der Website des Niedersächsischen Finanzgerichts.

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Das Presseteam des Niedersächsischen Finanzgerichts wünscht Ihnen besinnliche Weihnachtstage und einen guten Wechsel in das neue Jahr 2022

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.12.2021

Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels

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