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Newsletter 8/2024 vom 17. Juli 2024

Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts


Az. 3 K 36/24 – Urteil vom 29.05.2024

Teilweise Schenkung kein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 EStG

Teilentgeltliche Übertragungen von Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unterhalb der historischen Anschaffungskosten sind keine tatbestandlichen Veräußerungen im Sinne des § 23 EStG.

Revision eingelegt; BFH-AZ: IX R 17/24
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Az. 9 K 10136/21 – Gerichtsbescheid vom 17.08.2023


Zur Zinshöhe gem. § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG

Auch vor dem Hintergrund von BVerfGE 158, 282 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen typisierend zugrunde gelegte Zinshöhe von 6 %.

Revision eingelegt; BFH-AZ: VIII R 27/23
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Az. 10 K 117/20 – Urteil vom 03.08.2023

Voraussetzungen für eine grenzüberschreitende Funktionsverlagerung

Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn weder Wirtschaftsgüter noch sonstige Vorteile oder Geschäftschancen übertragen werden noch eine kausale Verknüpfung zwischen der Übertragung von Vorteilen im weitesten Sinne und der Übertragung der Befähigung, eine Funktion auszuüben, besteht.
Im vorzeitigen Verzicht auf die Nutzung eines Lizenzvertrags aus eigenem Recht liegt keine verhinderte Vermögensmehrung, wenn dieser Verzicht durch eine der Höhe nach angemessene Entschädigung ausgeglichen wird.

Revision eingelegt; AZ-BFH: I R 54/23
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Az. 12 K 228/22 - Urteil vom 09.05.2023

Klageunzulässigkeit wegen fehlender ladungsfähiger Anschrift des Klägers - Umfang der Ermittlungspflicht des Finanzgericht.

Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich die Bezeichnung des Klägers unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift (d.h. des tatsächlichen Wohnsitzes); dies gilt auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Der Kläger hat trotz eines entsprechenden Hinweises in der mündlichen Verhandlung keine ladungsfähige Anschrift benannt. Auf die Angabe der ladungsfähigen Anschrift kann zwar verzichtet werden, wenn durch die Angabe schützenswerte Interessen des Klägers gefährdet würden. Dann aber müssen dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet und glaubhaft gemacht werden, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift des Klägers verzichtet werden kann.

rechtskräftig

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Die Volltexte der genannten Entscheidungen sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie über das Niedersächsisches Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS) abrufen.

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Hinweis zur elektronischen Aktenführung ab dem 1. Juli 2024


Auf der Grundlage des Erlasses des Niedersächsischen Justizministerium vom 28. November 2023 sowie der Anordnung der Präsidentin des Finanzgerichts vom 24. Juni 2024 werden sämtliche bestehende Verfahrensakten des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Juli 2024 elektronisch geführt. Ab diesem Zeitpunkt ist die elektronische Akte rechtsverbindlich.

Gut zu wissen

Der Öffentlichkeitsgrundsatz - keine Verhandlung hinter geschlossenen Türen

Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist in § 169 Absatz 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz festgelegt und gilt nach § 52 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auch für das finanzgerichtliche Verfahren.

Als wichtiger Eckpfeiler unseres Rechtsstaates besagt dieser Grundsatz, dass Gerichtsverhandlungen einschließlich der Urteilsverkündungen grundsätzlich öffentlich sind. Jeder hat also auch im finanzgerichtlichen Verfahren das Recht, einer mündlichen Verhandlung beizuwohnen und sich über die Entscheidungen des Gerichts zu informieren. Transparenz und Vertrauen in die Justiz werden so geschaffen. Auch bei einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz (§ 91a FGO), d.h. wenn ein oder mehrere Verfahrensbeteiligte(r) nicht im Sitzungssaal anwesend sondern per Videokonferenz zugeschaltet sind, ist der Öffentlichkeitsgrundsatz gewahrt. Denn die mündliche Verhandlung wird in diesen Fällen zeitgleich in Bild und Ton an den Aufenthaltsort der Beteiligten und in den Sitzungssaal übertragen.

Wie funktioniert die Umsetzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nun in der Praxis? Durch den Aushang im Eingangsbereich des Gerichts erfährt „die Öffentlichkeit“, wann welche Verhandlung in welchem Sitzungssaal terminiert ist. Jedes einzelne Verfahren wird zudem vor Beginn der Sitzung aufgerufen. Für den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung ist grundsätzlich keine Anmeldung erforderlich und die Sitzungssäle der Gerichte sind so gestaltet, dass eine gewisse Anzahl von Plätzen für die Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Bei größeren Gruppen empfiehlt sich aus organisatorischen Gründen im Vorfeld die Kontaktaufnahme, um den Platzbedarf zu klären.

Unter bestimmten Umständen kann jedoch der Öffentlichkeitsgrundsatz durchbrochen werden. Von besonderer Bedeutung im finanzgerichtlichen Verfahren ist in diesem Zusammenhang das Steuergeheimnis, also der Schutz des Einzelnen davor, dass "seine" Steuerdaten öffentlich werden. Dies führt dazu, dass bei einem entsprechenden Antrag des Beteiligten das Gericht die Öffentlichkeit ohne weitere Prüfung ausschließt (§ 52 Abs. 2 FGO).

In der finanzgerichtlichen Praxis ist der Ausschluss der Öffentlichkeit die Ausnahme und die Verhandlungen finden regelmäßig öffentlich statt. Die interessierte Öffentlichkeit ist also herzlich eingeladen!


Neues aus dem Finanzgericht

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Besuch von Studierenden der IU Internationale Hochschule Hannover

Besuch von Studierenden der IU Internationale Hochschule Hannover

Im Rahmen ihres dualen BWL Studiums (Bachelor, Schwerpunkt Steuern) haben am 9. Juli 2024 einige Studierende der privaten Hochschule IU Internationale Hochschule in Begleitung ihres Dozenten Steuerberater Dipl. Finanzwirt (FH) Jürgen Pankow das niedersächsischen Finanzgericht besucht. Auf dem Programm stand zunächst die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung des 2. Senats unter dem Vorsitz der Präsidentin des Finanzgerichts Petra Hager, die sich im Anschluss noch Zeit für Fragen der Studierenden rund um den Fall genommen hat. Bei einer munteren Frage-. und Antwortrunde gaben sodann die Richterin am Finanzgericht Alexandra Bartels und der Richter am Finanzgericht Dr. Thomas Keß den Studentinnen und Studenten allgemeine Einblicke in das finanzgerichtliche Verfahren und die finanzrichterliche Tätigkeit.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.07.2024

Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels

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