Artikel-Informationen
erstellt am:
15.02.2023
Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels
Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts
Az. 1 K 90/19 – Urteil vom 01.12.2022
Typisiertes Vergleichswertverfahren; eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise
1. Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts erfolgt gegenüber einer Erbengemeinschaft in Vertretung für die Miterben. Inhaltsadressaten der Feststellung sind die Miterben, für deren Besteuerung der Grundbesitzwert von Bedeutung ist. Die Miterben sind als Steuerschuldner der Erbschaftsteuer am Feststellungsverfahren beteiligt. Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, sind § 352 AO und § 48 FGO entsprechend anzuwenden (§ 155 Satz 2 BewG).
2. Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
3. Die Ermittlung des Grundbesitzwerts aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreisen obliegt den Finanzämtern. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Finanzämter insoweit aus sämtlichen mitgeteilten Vergleichspreisen einen Durchschnittswert bilden und diesen ansetzen.
4. Die Nichtangabe der genauen Adressen der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichsfälle vermag keine offenbare Unrichtigkeit zu begründen.
5. Bei den in der Mitteilung des Gutachterausschusses angegebenen Vergleichspreisen handelt es sich nicht um die Mitteilung einer Preisspanne. Vielmehr sind Differenzen bei den Einflussgrößen des Bewertungsobjekts durch das in der Mitteilung beschriebene Modell bei der Umrechnung derart berücksichtigt worden, dass die einzelnen Vergleichspreise anschließend direkt vergleichbar sind. In einem solchen Fall entspräche die Bewertung mit dem niedrigsten mitgeteilten Vergleichspreis nicht der von § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschriebenen Bewertung.
Revision zugelassen
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Az. 1 K 136/18 – Urteil vom 17.11.2022
Die Ermittlung des Grundbesitzwerts von Wohnungseigentum nach dem Vergleichswertverfahren
Gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG ist Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Für eine solche Bewertung gibt § 183 Abs. 1 BewG einen gesetzlich angeordneten Vorrang der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichspreise vor, eine gerichtliche Überprüfung der mitgeteilten Vergleichspreise ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
§ 157 Abs. 3, § 177, § 180 Abs. 1, § 181 Abs. 1 Nr. 3, § 182 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 183 Abs. 1 BewG und § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG, § 179 Abs. 2 S. 2 AO
Revision zugelassen
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Az. 4 K 88/21 – Urteil vom 20.07.2022
Privates Veräußerungsgeschäft nach Grundstücksteilung
Der Verkauf eines Gartengrundstücksteils ist bei weiterhin bestehender Wohnnutzung im Übrigen nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen.
Revision eingelegt – BFH-AZ.: IX R 14/22
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Az. 4 K 149/21 – Urteil vom 02.09.2022
Hafengebiet und erste Tätigkeitsstätte
Das Gebiet des Hafens von Bremerhaven stellt keine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte eines Steuerpflichtigen dar, dessen Arbeitgeber es zwar in Teilen nutzt, das Hafengebiet aber nicht in seiner Gesamtheit der Tätigkeit des Arbeitgebers dient.
rechtskräftig
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Az. 4 K 209/20 – Urteil vom 21.12.2022
Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen
Die Höhe der Säumniszuschläge ist nicht verfassungswidrig.
Revision zugelassen
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Az. 9 K 162/21 – Urteil vom 05.01.2023
Rückwirkende Anpassung eines Ehevertrags aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage
Die Rückgängigmachung eines Vertrages aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB führt nur dann zu einem rückwirkenden Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn der Rechtsgrund für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt war.
Um einen bereits verwirklichten Sachverhalt nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit steuerlicher Rückwirkung wieder entfallen zu lassen, muss ein nicht am Vertragsschluss beteiligter Dritter, der die Vertragsgrundlagen nicht ohne Weiteres kennen kann, auch tatsächlich erkennen, dass die dem Abschluss des Rechtsgeschäfts zugrundeliegenden Umstände bereits im Rechtsgeschäft angelegt waren. Es ist daher nicht ausreichend, dass bloße Umstände, die eine Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB darstellen, ohne weitere erkennbare Anknüpfungspunkte zur Rückgängigmachung des Rechtsgeschäfts geführt haben. Die von den Vertragsparteien gemeinsam zur Vertragsgrundlage gemachten Umstände dürfen daher nicht nur einmal zwischen diesen Parteien angesprochen worden sein. Eine solche Vertragsgrundlage muss für sich allein erkennbar sein. Sie muss sich also zumindest aus sonstigen, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts stehenden Quellen ergeben. Hierfür können beispielsweise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts erstellte Dokumente herangezogen werden oder auch Aussagen eines nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten.
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Die Volltexte der genannten Entscheidungen sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie auf dem Niedersächsischen Landesjustizportal abrufen.
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Gut zu wissen
update beSt – wann steht der sichere Übermittlungsweg zur Verfügung?
Steuerberaterinnen und Steuerberater sind seit dem 1.1.2023 gem. § 52d Satz 1 FGO verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen an das Finanzgericht als elektronisches Dokument zu übermitteln, wenn ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 „zur Verfügung steht“. Bei dem besonderen Steuerberaterpostfach (beSt) handelt es sich um einen sicheren Übermittlungsweg im Sinne der genannten Vorschrift. Da zu Beginn des Jahres noch nicht alle Steuerberaterinnen und Steuerberater von der zuständigen Bundessteuerberaterkammer den „Registrierungsbrief“ für die Anmeldung zum beSt erhalten haben, ist die entscheidende Frage, wann der sichere Übermittlungsweg im Sinne der gesetzlichen Regelung „zur Verfügung steht“.
Dies wird unterschiedlich beurteilt. Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nutzungspflicht des beSt könnte der Erhalt des Registrierungsbriefes (so die Rechtsauffassung der Bundessteuerberaterkammer in ihren FAQ) oder die Erstanmeldung des Steuerberaters sein. Diese Auffassung ist jedoch, soweit ersichtlich, bisher nicht durch (veröffentlichte) Entscheidungen der Finanzgerichte bestätigt worden.
Ein anderer Anknüpfungspunkt ist der gesetzlich vorgesehene Anwendungszeitpunkt 1.1.2023. Für die aktive Nutzungspflicht bereits ab dem 1.1.2023 – unabhängig vom Erhalt des Registrierungsbriefes - sprechen sowohl der eindeutige Wortlaut des Gesetzes als auch die Gesetzesbegründung, so dass Entscheidungen der Finanzgerichte auf dieser Grundlage zu erwarten sind. Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat zu dieser Problematik einen (noch nicht rechtskräftigen und daher noch nicht veröffentlichten) Gerichtsbescheid erlassen und wegen fehlender Nutzung des beSt die Unzulässigkeit der Klage angenommen. Auch der Bundesfinanzhofes hatte bereits in einem obiter dictum in seiner Entscheidung vom 27.4.2022 XI B 8/22 ausgeführt, dass für Steuerberater spätestens ab dem 1.1.2023 eine aktive Nutzungspflicht des beSt besteht. Dies bedeutet, dass sich die Steuerberaterinnen und Steuerberater in einem Klageverfahren nicht darauf berufen können, dass Ihnen der Registrierungsbrief noch nicht zugeschickt worden ist.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist insbesondere auch die Möglichkeit der Steuerberaterinnen und Steuerberater, sich zu der sog. „Fast-Lane“ bei der Bundessteuerberaterkammer anzumelden und so eine beschleunigte Registrierung zu erhalten.
Neues aus dem
Niedersächsischen
Finanzgericht
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erstellt am:
15.02.2023
Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels