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Newsletter 13/2021 vom 18. November 2021

Rechtsprechung des
Niedersächsischen
Finanzgerichts


Az. 12 K 247/17 – Urteil vom 15.12.2020
Tatbestandsmerkmal der inländischen Bereederung gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG für Zwecke der Tonnagebesteuerung

1. Der Wortlaut des § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG, der darauf abstellt, dass „die Bereederung […] im Inland durchgeführt wird“, ist grundsätzlich offen für eine teilweise Bereederung im Ausland.

2. Für Zwecke der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ist eine überwiegende Bereederung im Inland zu fordern. Dabei kommt es nicht auf eine rein quantitative Betrachtung an. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung im Einzelfall erforderlich, wobei sämtliche qualitativen und quantitativen Gerichtspunkte zu berücksichtigen und zu gewichten sind.

Revision eingelegt – BFH-Az.: IV R 15/21
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Az. 13 K 63/20 – Urteil vom 13.07.2021
Erste Tätigkeitsstätte bei einem Leiharbeitnehmer

Bei einem Leiharbeitnehmer, der unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt ist, schließt die bloße Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung an einen anderen Arbeitsort eine "erste Tätigkeitsstätte" am Arbeitsort der Entleiherfirma nicht aus.

Der Leiharbeitnehmer ist der Entleiherfirma dauerhaft zugeordnet, wenn sich aus der Zuordnungsentscheidung der Zeitarbeitsfirma oder aus den Gesamtumständen keine zeitliche Begrenzung des Einsatzes ergibt.

rechtskräftig
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Die Volltexte der genannten Entscheidungen sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie auf dem Niedersächsischen Landesjustizportal abrufen.

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Gut zu wissen

Verzicht auf die mündliche Verhandlung?

Die Entscheidung des Finanzgerichts über ein Klageverfahren ergeht nach der Bestimmung der Finanzgerichtsordnung "auf Grund mündlicher Verhandlung". Teilweise wird die mündliche Verhandlung in der Literatur daher als "Herzstück des Finanzgerichtsprozesses" bezeichnet. Dennoch können die Beteiligten, also der Steuerpflichtige und das Finanzamt, einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten. Regelmäßig fragt das Gericht bereits in der Klageeingangsbestätigung formularmäßig ab, ob ein solcher Verzicht erklärt wird.

Ist ein Verzicht auf die mündliche Verhandlung sinnvoll? Worauf verzichtet man hierdurch?

Der formelle Ablauf einer mündlichen Verhandlung ist in (§§ 92 ff.) der Finanzgerichtsordnung geregelt. Nach dem Aufruf des Verfahrens und der Eröffnung der mündlichen Verhandlung trägt der Berichterstatter im Rahmen des sog. Sachberichts "den wesentlichen Inhalt der Akten" vor. Hierauf erhalten die Beteiligten das Wort, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen. Es folgt sodann die tatsächliche und rechtliche Erörterung der Streitsache.

Der Sachbericht des Berichterstatters gibt Ihnen die Möglichkeit zu kontrollieren, ob das Gericht alle Umstände, die Sie für die Lösung des Klageverfahrens für relevant halten, berücksichtigt und richtig erfasst hat. Ist dies nicht der Fall, können Sie darauf hinwirken. Im Rahmen der Erörterung der Streitsache wird Ihnen der Vorsitzende regelmäßig mitteilen, welche Überlegungen die Berufsrichter vorbereitend über Ihre Klage angestellt haben und wie sie über diese entscheiden würden. Auf dieser Grundlage können Sie ihre Auffassung noch einmal überdenken und entweder mit Verve für diese streiten oder "die Waffen strecken" und die Klage zurück nehmen. Darüber hinaus besteht unter Umständen die Möglichkeit, dass Sie - entweder durch einen Vorschlag des Gerichts oder aufgrund eigener Initiative - eine einvernehmliche Lösung mit dem Finanzamt finden und den Rechtsstreit auf diese Weise erledigen.

All diese Kontroll-, Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten gehen Ihnen verloren, wenn Sie auf die mündliche Verhandlung verzichten. Zwar scheidet eine mündliche Verhandlung auch nach dem beiderseitigen Verzicht nicht definitiv aus, weil letztlich das Gericht über ihre Durchführung entscheidet. Es ist aber nicht ohne weiteres möglich, den einmal erklärten Verzicht zu widerrufen.

Ein weiterer Grund nicht vorschnell auf die mündliche Verhandlung zu verzichten, mag der Umstand sein, dass durch ihre Durchführung keine zusätzlichen Gerichtsgebühren anfallen...

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Neues aus dem
Niedersächsischen
Finanzgericht

Positive Bilanz des ersten Justizassistenten des Niedersächsischen Finanzgerichts

Seit September 2020 besteht für Referendarinnen und Referendaren die Möglichkeit, im Rahmen einer Justizassistenz neben ihrem Referendariat als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder wissenschaftlicher Mitarbeiter in der niedersächsischen Justiz tätig zu werden.

Daniel Schefft hat dieses Angebot genutzt und war von August bis Oktober 2021 für drei Monate der erste Justizassistent des Niedersächsischen Finanzgerichts. Er unterstützte als solcher die Arbeit mehrerer Senate und fertigte für diese Stellungnahmen zu kleineren Rechtsfragen, erstellte Kurzgutachten und bereitete größere Voten vor und hat so einen wertvollen Beitrag auf dem Weg zu der Entscheidung durch die zuständigen Richter geleistet. Auch nahm er an den Beratungen und Sitzungen der Senate teil. "Mein persönliches Highlight war die Teilnahme an einer Beratung eines Senates im Anschluss an eine mündliche Verhandlung, bei der auch ich meine Einschätzung abgeben durfte", blickt Schefft auf seine Zeit im Finanzgericht zurück..

"Durch die Tätigkeit als Justizassistent hatte ich die Möglichkeit, einerseits einen umfassenden Einblick in die Tätigkeit eines Finanzrichters zu erlangen, was mir für die spätere Berufswahl sehr wichtig war. Andererseits konnte ich mein Wissen im Bereich Steuerrecht dadurch erweitern und vertiefen. Insgesamt kann ich eine Tätigkeit als Justizassistent beim Niedersächsischen Finanzgericht nur empfehlen!", so Schefft, der vor seinem Jurastudium eine Ausbildung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung des Landes Niedersachsen absolviert hat und sein Referendariat mit Stationen bei verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien und im Bundesfinanzministerium ausgestaltet hat.

Wer ebenfalls wie Daniel Schefft für eine Tätigkeit neben seinem Referendariat im Rahmen einer Justizassistenz beim Niedersächsischen Finanztätigkeit interessiert, melde sich gerne bei Herrn Christian Gercke (christian.gercke@justiz.niedersachsen.de, 0511/89750-474).

Justizassistent Daniel Schefft   Bildrechte: Nds. FG
Justizassistent Daniel Schefft
Fäuste - geimpft sind wir stärker   Bildrechte: ms

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.11.2021
zuletzt aktualisiert am:
23.11.2021

Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels

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