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Newsletter 9/2021 vom 21. Juli 2021

Rechtsprechung des
Niedersächsischen
Finanzgerichts


Az. 2 K 228/19 – Urteil vom 02.07.2020
Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe eines Wohnrechts als nachträgliche Anschaffungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Eine Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe eines dinglichen Wohnrechts und die im Zusammenhang mit der Vertragsschließung angefallenen Notarkosten sind als nachträgliche Anschaffungskosten nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG zu berücksichtigen.

Revision eingelegt – BFH-Az.: IX R 9/21

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Az. 3 K 5/21 – Gerichtsbescheid vom 24.06.2021
Schenkungsteuer bei der Errichtung einer Familienstiftung

Zu den "entferntest Berechtigten" gemäß §15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG gehören alle Personen, die nach der Satzung - auch nur theoretisch - in Zukunft aus der Generationenfolge Vorteile aus der Familienstiftung erlangen können. Diese müssen weder bereits geboren sein noch einen klagbaren Anspruch haben (Bestätigung der RFH-Rechtsprechung).

vorläufig nicht rechtskräftig

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Az. 5 K 71/19 – Urteil vom 26.07.2019
Realteilung in der Umsatzsteuer

Die Übertragung von Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Realteilung einer Personengesellschaft ist nicht umsatzsteuerbar.

Revision eingelegt – BFH-Az.: V R 3/21

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Az. 11 K 237/19 – Urteil vom 20.05.2021
Tarifbegünstigung für Kalamitätsnutzungen

1. Nach Feststellung des Schadensfalls sind gemäß § 34b Abs. 4 Nr. 2, 1. HS EStG unverzüglich die tatsächlichen unaufgearbeiteten Schäden der Höhe nach der zuständigen Finanzbehörde mitzuteilen. Bei der Tarifbegünstigung i.S.d. § 34b Abs. 3 EStG handelt es sich um eine den Steuerpflichtigen begünstigende Regelung, so dass er hinsichtlich der eingetretenen Schadenshöhe beweisbelastet ist.

2. Der Nutzungssatz i.S.d. § 68 EStDV ist unter Berücksichtigung der gesamten Forstflächen und nicht nur des Schadwaldes zu bestimmen.

rechtskräftig

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Az. 12 K 246/20 – Urteil vom 11.05.2021
Begrenzung der rückwirkenden Auszahlung festgesetzten Kindergeldes

Die in § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG vorgesehene Begrenzung der rückwirkenden Auszahlung festgesetzten Kindergeldes auf die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, ist dem Erhebungsverfahren zuzuordnen und damit auch von den Finanzgerichten anzuwenden.

rechtskräftig

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Die Volltexte der genannten Entscheidungen sowie weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts ab dem 1. Januar 2000 können Sie auf dem Niedersächsischen Landesjustizportal abrufen.

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Gut zu wissen

Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens -
zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage!

Eine finanzgerichtliche Klage ist nur dann zulässig, wenn bestimmte in § 65 Ab. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) benannte Inhalte enthalten sind. Dazu gehört auch die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens. Dies geht über die Benennung der angefochtenen Bescheide hinaus und erfordert, dass der Kläger darlegt, was er mit seiner Klage vor dem Finanzgericht erreichen will bzw. worin er eine Rechtsverletzung sieht. Es ist also die Sache des Klägers, das „Streitprogramm“ mit bindender Wirkung für das Gericht und den Prozessgegner abzustecken.

Nicht ausreichend ist beispielsweise die Formulierung, die Klage richte sich „gegen den Einkommensteuerbescheid für 2020“. Vielmehr müsste ein Kläger, der gegen den Einkommensteuerbescheid für 2020 klagt, ausführen, in welcher Weise der Bescheid ihn in seinen Rechten verletzt - z.B. weil bestimmte Betriebsausgaben/Werbungskosten vom Finanzamt nicht anerkannt worden sind.

Eine Besonderheit in diesem Zusammenhang sind Klagen, die sich gegen Bescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen richten. Hier ist regelmäßig erforderlich, dass der Kläger zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens dem Gericht die (noch fehlende) Steuererklärung vorlegt oder jedenfalls eine eigene substantiierte Schätzung vorlegt. Ein pauschaler Hinweis, das Finanzamt habe die Besteuerungsgrundlagen zu hoch geschätzt, reicht in keinem Fall aus.

Auch wenn Prüfungsentscheidungen im Rahmen der Steuerberaterprüfung angefochten werden, muss sich der Kläger im Einzelnen mit der Bewertung der Prüfungsleistungen auseinandersetzen. Allein mit dem Antrag, die Prüfung für bestanden zu erklären, wird der Gegenstand des Klagebegehrens nicht ausreichend bezeichnet.

Wenn in der Klageschrift die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens fehlt, kann das Gericht dem Kläger hierfür eine Ausschlussfrist setzen: „Gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO wird dem Kläger hiermit zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens eine Frist mit ausschließender Wirkung (Ausschlussfrist) bis zum 16. August 2021 gesetzt. Bitte beachten Sie, dass die Klage bei nicht fristgerechter Bezeichnung des Klagebegehrens unzulässig wird.“

Eine solche Frist sollte unbedingt eingehalten werden, da bei Fristversäumnis die Klage durch gesetzliche Anordnung unzulässig wird. Nach Fristablauf vorgelegte Unterlagen wie die Steuererklärung oder nach Fristablauf gemachte sonstige Angaben zum Gegenstand des Klagebegehrens dürfen nicht mehr berücksichtigt werden. Das Gericht kann die Klage nur noch als unzulässig abweisen und befasst sich in diesem Fall nicht mehr mit den streitigen inhaltlichen Fragen. Bei Vorliegen hinreichender Gründe kann das Gericht jedoch die Ausschlussfrist verlängern. Wichtig ist, den Fristverlängerungs-Antrag vor Ablauf der Frist zu stellen und zugleich zu begründen. Nach Fristablauf gestellte Anträge können regelmäßig nur abgelehnt werden, da die gesetzliche Folge der Unzulässigkeit bereits eingetreten ist.

Neues aus dem Finanzgericht


Sandra Palm neue Gerichtsprüferin des Niedersächsischen Finanzgerichts

Seit dem 1. Juli diesen Jahres verstärkt Frau Sandra Palm als Gerichtsprüferin das Niedersächsische Finanzgericht. Frau Palm gehörte seit 2000 der Finanzverwaltung an und war dort zuletzt am Finanzamt Hannover-Land I über 14 Jahre als Betriebsprüferin - u.a. spezialisiert auf Gastronomiebetriebe, Herstellungsbetriebe und Softwareunternehmen - tätig. In verschiedenen Arbeitsgruppen hat sich Frau Palm auch mit den Themen Digitale Betriebsprüfung und EDV-Betreuung beschäftigt. Derzeit unterstützt Frau Palm im Niedersächsischen Finanzgericht Frau Heidemarie Marschalk, die bereits seit 2001 als Gerichtsprüferin dem Finanzgericht angehört und im Laufe des nächsten Jahres in den Ruhestand gehen wird.

Eins kippen gehen auf Niedersächsisch   Bildrechte: Nds. Staatskanzlei

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.07.2021

Ansprechpartner/in:
Frau Andrea-Alexandra Bartels

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